martin blöcher

Der Retterder Dinge

Alles bleibt im Kreislauf und fast nichts übrig: Martin Blöcher recycelt alte Häuser

Bad Salzuflen-Retzen (kk). „Dinge verschwinden“, sagt Martin Blöcher. Häuser, Zäune, Bänke, die von Menschen und ihrer Geschichte erzählen. Was andere längst aufgegeben und zum Abriss freigeben haben, dem schenkt der 49-Jährige neues Leben. Er recycelt alte Häuser, baut sie zu historischen Neubauten auf.

Bausätze nennt er das. Häuser, die zum Abriss freigegeben sind, werden von Martin Blöcher und seinen Mitarbeitern zerlegt, als Bausatz zwischengelagert und soweit möglich neu aufgebaut. Verwendet wird dabei alles, was nicht verrottet oder vergift et ist. „Abfall fällt bei uns kaum an“, sagt der gebürtige Rheinländer und zeigt auf sein aktuelles Projekt. Einen Kotten, Baujahr 1829, in Papenhausen, der ursprünglich unter Denkmalschutz stand.

Das Haus wird rückgebaut, wie es Blöcher nennt. Soweit sich ein Kunde findet, wird fast alles für den Wiederaufb au gebraucht. Auch bei dem Kotten fällt nicht viel Schutt an. Das Holz ist im guten Zustand. Blöcher klopft auf das dunkle freigelegte Fachwerk – ein satter tiefer Ton. „Keine Fäulnis, keine Würmer – da ist nichts dran.“ Drei bis vier Mulden mit Abfall werden übrig bleiben, der Rest fein zerlegt und beschrift et gelagert – bis es zur Wiedergeburt kommt. Im Kopf hat Blöcher bereits eine Idee, die er auf dem Zettel skizziert.

Eine Außenwand wird kaum zu retten sein, dort könnte ein moderner Anbau den alten Kotten erweitern. „Alt und modern kombinieren, das macht den eigentlichen Reiz.“

Alles was nicht für den Wiederaufbau zu verwenden ist, wird an anderer Stelle verwertet. Gefragt sind vor allem die verwitterten Hölzer als Bodenbohlen, anderes wird zu Gartenlauben oder kommt als Tisch neu auf die Welt.

17 Mitarbeiter beschäft igt Martin Blöcher, der seine Firma vor 22 Jahren in Entrup gründete. Pro Jahr baut das kleine Unternehmen europaweit etwas 25 bis 35 Häuser zurück, um daraus durchschnittlich vier bis acht historische Neubauten zu errichten. Seine Idee des Häuserrecyclings erhielt vor acht Jahren einen Umweltpreis des Landes. Und doch wünscht sich der Häuser-Retter, auch vor Ort auf mehr Verständnis zu stoßen.<

 

„Gibt es für ein historisches Haus eine Abbruchgenehmigung, so wird alles platt gemacht, es gibt keine Auflagen, kein Sichten, ob etwas erhaltenswert ist.“ Hauptsache schnell abreißen, so seine Erfahrung, „damit nicht doch noch das Denkmalamt dazwischenfunkt.“ Dabei geht es dem Idealisten nicht um die materiellen Werte, es geht um die Geschichten, die sie erzählen, um das Wohlgefühl, das die alten Häuser verbreiten.

 

„Ist Ihnen schon aufgefallen, wie fit viele alte Menschen sind, die noch Zuhause in ihrem Geburtshaus wohnen?“ Für Blöcher keine Frage: „Das ist das gemeinsame Altern.“

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